Titelblatt II aus Stephan Brölmanns Epideigma

Kreative Aneignung

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Auf die Erhebung des antiken Kölns von einer Siedlung zur Kolonie des römischen Rechts (Colonia) Mitte des ersten Jahrhunderts n.Chr. folgte der Bau einer steinernen Stadtmauer. Die Fragmente eines Torbaus mit der Inschrift „CCAA“ (Colonia Claudia Ara Agrippinensium) vom mutmaßlichen Nordportal haben sich erhalten und befinden sich heute im Römisch-Germanischen Museum in Köln.

Die erhaltene Archivolte wurde im Titelblatt II der Epideigma rezipiert, in einem imaginierten Portal mit flankierenden Tropaia kreativ angeeignet und weiterkonfiguriert. An einem mit Titelinschrift versehenem Postament sitzen, antiker Ikonographie folgend, die Personifikationen des Rheins und dessen Nebenflüsse. Die Höhe des Unterbaus evoziert eine Bühne, auf der die Akteure der römischen Gründungsgeschichte der Stadt zu sehen sind: Julius Caesar, Agrippina minor und deren Mutter Agrippina maior rechts, Kaiser Augustus, der Statthalter M. Vispanius Agrippa sowie Germanicus links. Der Durchgang öffnet den Blick auf eine Landschaft in der ein Fluss und Militärkolonnen vor der antiken Stadt sichtbar sind. Auf dem abschließenden Portalgesims, das an den Seiten bereits eingebrochen ist, thront mittig der Reichsadler auf einem Globus. Links sind römische Götter versammelt, rechts vertreiben Engel auf Geheiß Christi ein heidnisches Wesen und zerschlagen die Skulptur des Kriegsgottes Mars: Eine denkwürdige künstlerische Überwindung des Paganen durch den christlichen Glauben auf der ‚Bühne‘ der antiken Welt.

Torarchivolte des nördlichen Stadttors von Köln

Kalkstein, Römisch-Germanisches Museum der Stadt Köln, Inv.-Nr.: 74, 2360, https://arachne.dainst.org/entity/7139059, Fotograf: Philipp Groß.
Charlotte Baumann

Weiterführende Literatur

  • Noelke, Peter: Kölner Antikensammlungen und -studien vom Humanismus bis zur Aufklärung, in: Kölner Jahrbuch 49 (2016), S. 535–547.
  • Schäfer, Alfred: Stephan Broelmann (1551–1622). Agrippa und die Gründung Kölns, in: Dietrich Boschung / Erich Kleinschmidt (Hgg.): Lesbarkeiten. Antikerezeption zwischen Barock und Aufklärung, Würzburg 2010, S. 101–120.
  • Schöller, Bernadette: Arbeitsteilung in der Druckgraphik um 1600. Die "Epideigma" des Stephan Broelmann, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 54. Bd., H. 3 (1991), S. 406–411. Stable URL: https://www.jstor.org/stable/1482581 (letzter Zugriff: 30. November 2022).
  • Schütte, Sven / Gechter, Marianne: Stephan Broelmann und die Folgen. Karten Kölns, der konstantinischen Rheinbrücke und der römischen Wasserleitung nach Köln aus 380 Jahren, in: Kölner Museums-Bulletin: Berichte, Forschungen und Aktuelles aus den Museen der Stadt Köln (1999) S. 4–26.
  • Zimmermann, Petra S.: 331 Stephan Broelman. Epideigma, in: LVR-Landes Museums Bonn (Hg.): Renaissance am Rhein, Katalog zur Ausstellung Renaissance am Rhein 16. September 2010 –6. Februar 2011, Bonn 2010, S. 440–442.