Personifikationen

Fürst Welt

Vergänglichkeit und Schicksal

Fürst Welt ist ein trügerischer Zeitgenosse.

Er war einst am Brautportal der Nürnberger Sebalduskirche anzutreffen, wo die schöne Gestalt den Menschen zunächst einladend lächelnd begegnete. Doch sobald die Gläubigen an ihm vorüber geschritten waren, enthüllte der offene Mantel das freiliegende Fleisch eines mit Kröten besetzen, von Schlangen umwundenen und von Würmern bis auf die Knochen zerfressenen Rückens – eindringlicher kann eine Mahnung kaum sein.

Memento mori!

Fürst Welt ist eine Personifikation der Vergänglichkeit des Irdischen und hat damit die gleiche moralische Bedeutung wie sein weibliches Gegenstück Frau Welt. Er mahnt zur Buße, zur Abkehr vom schönen Schein und den Lastern des Weltlichen und zur Hinwendung zu geistlichem Gut. Sein Charakter ist der eines eitlen Verführers, dessen Schönheit jedoch trügerisch und zum Verfall bestimmt ist. Durch seine Positionierung am Brautportal von St. Sebaldus wurde er in Verbindung mit dem dort zu sehenden Jungfrauengleichnis gesehen. Im Matthäusevangelium wird von den klugen, vorsorgenden und den törichten, der weltlichen Leichtigkeit zugewandten Jungfrauen berichtet. Auch sie thematisieren die Notwendigkeit, die Seele auf das Jenseits vorzubereiten, denn der Zugang zum Himmelreich bleibt den Törichten verwehrt. Wie sie erkennen auch wir die Vergänglichkeit des Schönen und die fatalen Folgen unbesonnenen Handelns erst zu spät, wenn der Fürst seine Rückseite offenbart. Eine Skulptur ist jedoch nicht beweglich, so dass die Nürnberger Betrachter:innen mit dem notwendigen Umrunden der Figur aktiv in den Erkenntnisprozess eingebunden waren.

A.-L. Arntzen und M. Asci
Am Rücken öffnet sich das Gewand der Figur und legt einen von kleinen Tieren zerfressenen Körper frei

Ganz nach dem Motto 'memento mori' („Gedenke der Sterblichkeit") zeigt sich an der Rückseite der Figur der mahnende Charakter von Fürst Welt. Der von Schlangen, Kröten und weiteren Tieren bis auf die Knochen zerfressene Rücken widerspricht ganz und gar der strahlenden Vitalität und Schönheit der Vorderseite, denn der Leib ist vergänglich, die Seele nicht. So zeigt die Figur ihren Betrachter:innen, was von wahrem und bleibendem Wert ist: das Seelenheil.

Archiv Georg Weise, Universität Tübingen

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