Personifikationen

Italia, Roma und Florentia

Städte und Länder

Wie richtet man eine Bitte an einen Herrscher?

Die Kommune Prato schuf hierfür ein Buch, das in lobreicher Sprache König Robert von Anjou huldigt, jedoch gleichzeitig politische Forderungen formuliert. Die Regia Carmina, die königlichen Gedichte, wurden in lateinischer Sprache verfasst und in dieser Pergamenthandschrift mit kostbaren Malereien in Tempera und Gold verbunden.

Konstruktive Herrscherkritik: Das könnte man besser machen!

Auf dem Haupt die Krone, in den Händen die Herrscherinsignien thront Robert von Anjou vor einem blauen Hintergrund. Dieser ist geziert von goldenen Schwertlilien, in denen kurze Texte die Schönheit, die Weisheit, die Gerechtigkeit und die Ehrenhaftigkeit seines fränkischen Herrschergeschlechts preisen. Die Personifikationen des Landes Italien sowie der Städte Rom und Florenz treten dem neapolitanischen Herrscher als erste in einer Reihe weiterer Personifikationen gegenüber. Durch ihre Wendung nach links sind die Figuren dem König stets zugewandt, obwohl sie – mit Ausnahme Italias, die Robert direkt gegenübersteht – durch eine oder mehrere Seiten von ihm getrennt sind. Durch das Umblättern der Seiten lassen die Betrachter:innen damit die unterschiedlichen Personifikationen wie in einer Prozession dem Herrscher ihre Aufwartung machen. Die Figuren treten – wie im Falle der Roma – sogar direkt an den Thron des Herrschers heran, der im Manuskript noch auf der dahinterliegenden Seite durch das dünne Pergament zu sehen ist. Die gemalten Figuren stehen in einer engen Verbindung mit dem sie umgebenden Text. Er benennt die Personifikationen und verleiht ihnen eine Stimme, mit der sie ihr Leid in huldigenden Worten vortragen. Als Bild erhalten die Personifikationen einen menschlichen, empfindsamen Körper, der durch Gestik und Mimik eine nonverbale Ansprache ermöglicht und so die Forderung nach herrschaftlicher Fürsorge zu verstärken vermag.

J. Brachmann
Italia als weibliche Personifikation in vorgebeugter Haltung, die Hände vor der Brust gekreuzt

Italia

Die geographischen Personifikationen Italia, Roma und Florentia richten ihre Worte stellvertretend für die Commune Prato an Robert von Anjou. Als Erste tritt Italia vor: Sie verbeugt sich vor dem Herrscher, die Hände sind demütig vor der Brust gekreuzt. Ihr Gewand ist mit Gold gesäumt, ihre Haare fallen jedoch in offenen Wellen über ihre Schultern. Italia beklagt das Vergessen ihres Volkes und ihrer selbst, die erlittenen Schläge und das Gift, das ihr die Adligen verabreichten. Robert, so sagt sie, sei als einziger in der Lage, sich ihrer anzunehmen.

© The British Library Board
Roma als weibliche Personifikation in schwarzem Gewand mit ergrautem Haar

Roma

„Man nennt mich Rom“ – Der Italia folgt Roma. Im schwarzen Trauergewand und mit ihren ergrauten Haaren wirkt sie alt und von Verlusten gekennzeichnet. „Ich klage, weil ich meiner Herrschaft und meiner Bürger beraubt wurde, ich bin voll mit Verbrechern, und nicht einmal der Schatten meiner antiken Zeit ist übrig geblieben, oder der Glanz des Aussehens: Mit meiner Mutter Venus wurde ich als Göttin angesehen, und eine solche war ich.“ (Übersetzungen nach Marchionni)

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Florentia als weibliche Personifikation in kostbarem Gewand

Florentia

Als Dritte schließt sich Florentia den Klagenden an, reich gewandet und kunstvoll frisiert. Wie Italia beginnt sie ihre Ansprache mit einem Lob: „Vortrefflicher Prinz, unbesiegbarster König, du weißt, dass du es verdient hast, der Anführer zu sein.“ Anschließend präsentiert sie sich als Tochter Roms, fordert Robert auf, den Papststuhl nach Rom zurückzuführen und für den Schutz Latiums, das Gebiet um die ehemalige Weltstadt, zu sorgen. Dabei appelliert Florentia auch an Roberts Pflichten als guter Christ: „Oh, Du guter bei uns geborener Diener und Soldat Christi, dann kämpfe: Die jetzigen Umstände verlangen es!“ (Übersetzungen nach Marchionni)

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