Hier herrscht Krieg!
In den Bereichen zwischen den Medaillons, die Szenen aus dem Leben König Davids zeigen, findet ein Kampf statt, der bis auf den Tod geführt wird. Es sind die sich erbarmungslos bekriegenden Tugenden und Laster der Psychomachia, einem um 400 entstandenen allegorischen Gedicht des Prudentius. Als Personifikationen kämpfen unter anderem der christliche Glaube gegen den heidnischen Götterkult, Geduld gegen Zorn und Demut gegen Hochmut. Doch wieso sind diese grausamen Szenen auf dem Front-Einband eines Psalters zu finden?
Die Tugenden ziehen in den Kampf
Ein Psalter enthält die biblischen Psalmen, wodurch sich die Verbindung zu den David-Szenen ergibt, galt er doch lange als Autor der im Buch der Psalmen versammelten Texte. Die Elfenbeinplatte zeigt in sechs Kreismedaillons Episoden aus dem Leben Davids, von seiner Jugend als Schäfer bis hin zu seiner ruhmreichen Herrschaft als König. In den Bereichen dazwischen finden die Kämpfe der personifizierten Tugenden und Laster statt. David gilt als Idealtypus eines tugendhaften Königs, der die einem jeden Menschen innewohnenden Laster überwunden hat. Der Streit der Tugenden und Laster nimmt hierauf Bezug, die Tugenden sind jene des vorbildhaften David. Gerade durch sein Handeln zeigt sich, dass David die hier kämpfenden christlichen Tugenden nicht nur besitzt, sondern sie regelrecht verkörpert. Über das Mittel der Personifikation wird der im Inneren geführte Streit für alle sichtbar. Gemeinsam mit den in den Medaillons zu sehenden herausragenden Taten und Errungenschaften Davids verbildlicht der Seelenkampf christliche Normen, die Bilder des Einbands werden so zu einer ethisch-moralischen Mahnung an die Gläubigen.